Fesseln, Schläge, Tritte – Tod    Kein Einzelfall !!          
 
 

Kölner Polizeiskandal vor Gericht

mit Urteilsbestätigung vom 14.07.04 durch BGH Karlsruhe

Mehr als ein Jahr nach dem Kölner Polizeiskandal beginnt am heutigen Donnerstag vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen sechs Polizisten. Am 11. Mai 2002 sollen sie in der Kölner Polizeiwache Eigelstein einen 31-jährigen Mann krankenhausreif geschlagen haben. Nach zweiwöchigem Koma war der Mann gestorben. Die Kölner Staatsanwaltschaft hat gegen die Polizisten im Alter von 25 bis 35 Jahren Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge erhoben.

Ungeklärt ist, ob die Beamten, die den Mann geschlagen und getreten haben sollen, seinen Tod verursachten. Ein vor einem Monat veröffentlichtes Gutachten des Heidelberger Professors Ingo Pedal, der als Experte für Todesfälle bei Festnahmen von "hochgradig erregten Menschen" gilt, kommt zu dem Ergebnis, dass "polizeiliche Zwangsmaßnahmen mitursächlich für den Tod" des Festgenommen gewesen sein könnten.

Kölner Polizei ergreift Präventivmaßnahmen

Nach einem früheren Gutachten der Kölner Rechtsmedizin verursachte die Gewaltanwendung der Polizisten keine tödlichen Verletzungen. Als Todesursache wurde ein Hirnödem genannt, hervorgerufen durch einen Herzstillstand in der Klinik.

Die Schuldfrage ist noch nicht geklärt, aber die Polizei in Köln will verhindern, dass so etwas noch einmal passiert. "Wir haben ein Frühwarnsystem eingerichtet, das ermöglicht, auffällige Beamte rechtzeitig zu erkennen", sagt ein Polizeisprecher. Beschwerden und Ermittlungsverfahren würden zentral erfasst. Mit Seelsorgern und Psychologen seien die Vorgänge aufgearbeitet worden.

37 Verfahren gegen Eigelstein-Wache

Polizeipräsident Klaus Steffenhagen hatte kurz nach dem Vorfall Konsequenzen gezogen. Die beschuldigten Beamten wurden bis zum Ende der Ermittlungen vom Dienst suspendiert. Dem Leiter der Polizei- Inspektion Innenstadt wurde die Zuständigkeit für die Aufarbeitung des Vorfalls entzogen.

Die Eigelstein-Wache in Köln war im Mai 2002 nicht zum ersten Mal in die Schlagzeilen geraten. Seit 1999 richteten sich laut Staatsanwaltschaft 37 Verfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung gegen Beamte dieser Wache, die in einem sozialen Brennpunkt mit Rotlichtviertel und Drogenszene liegt. Einer der Beschuldigten soll nach Polizeiangaben zwölf Mal wegen Körperverletzung im Amt angezeigt worden sein.

Zeugen bestätigen Prügelvorwürfe

Mit dramatischen Schilderungen bestätigten Zeugen die Prügelvorwürfe. Ein Polizist und eine Polizistin beobachteten am Abend des 11. Mai 2002, dass sich die sechs beschuldigten Beamten um den gefesselt am Boden liegenden Mann aufgebaut und ihn getreten und geschlagen hätten. Das Opfer habe im Gesicht geblutet und sei schließlich von einem Rettungswagen abgeholt worden.

Wegen eines lautstarken Familienstreits war die Kölner Polizei am fraglichen Abend von Nachbarn der Familie alarmiert worden. Der Mann habe Glastüren zerstört und wild um sich geschlagen, heißt es im Polizeibericht. Erst später stellte sich heraus, dass der Erregungszustand des Mannes durch eine akute schizophrene Psychose verstärkt wurde. Der 31-jährige Musiker litt an einer Thrombose und hatte an diesem Abend Drogen genommen.

Die Zeugen, die nach Dienstschluss noch in der Wache waren, berichteten, der Festgenommene sei mit Sirenengeheul zur Dienststelle im Kölner Eigelstein-Viertel gebracht worden. Dann hätten sie Geräusche gehört, die auf eine Auseinandersetzung schließen ließen. Umringt von Polizisten habe der 31-Jährige in der Sicherheitsschleuse der Wache am Boden gelegen.

Polizei-Prügelaffäre: Beamte gestehen

In der Kölner Polizeiaffäre haben der Wachdienstführer und der Funker der Eigelsteinwache nach Zeitungsinformationen zugegeben, an dem umstrittenen "Empfangskomitee" für einen festgenommenen 31-Jährigen beteiligt gewesen zu sein. Dieses "Empfangskomitee" trat immer dann auf, wenn schwierige Gefangene eingeliefert wurden. Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sechs Beamte, die den 31-jährigen Mann schwer misshandelt haben sollen. Der Kölner war im Polizeigewahrsam zusammengebrochen und schließlich nach fast zweiwöchigem Koma gestorben.

Nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" hat der Funker in seiner Aussage vom heftiger Gegenwehr des Gefangenen berichtet. So soll er einem Beamten vor die Kniescheibe getreten haben. Um weitere Tritte abzuwehren, will der Funker den am Boden liegenden Mann gezielt ins Gesicht geschlagen haben - ein laut Aussagen des Beamten durchaus übliches Vorgehen, das auch auf Lehrgängen beigebracht werde. Diese Schläge hätten aber keine Wirkung gezeigt. Wie die anderen Beamten an der Aktion mitgewirkt haben, vermochte der Polizist nicht zu sagen. An den weiteren Vorgängen in der Wache will er nicht mehr teilgenommen haben.

Der Wachdienstleiter will nach eigene Angaben das Geschehen vom Schreibtisch aus verfolgt haben, ohne selbst eingegriffen zu haben. Die Verteidiger der beiden Beschuldigten sehen ihre Mandanten durch die Aussage als entlastet an. Der Funker habe mit seinen Schlägen lediglich aus Notwehr gehandelt.

Ehemaliger Inspektionsleiter strafversetzt. 
Kommentar: Solche Leute gehören aus dem Dienst entfernt und unehrenhaft entlassen

Als Folge der Affäre hat Kölns Polizeipräsident Klaus Steffenhagen den ehemaligen Leiter der Polizeiinspektion I, Jürgen Sengespeik, strafversetzt. Der Polizeidirektor war zuständig für die Eigelsteinwache. Zunächst hatte Sengespeik seiner Versetzung in den vorgezogenen Ruhestand zugestimmt. Diese Zustimmung nahm der Beamte am Montag zurück, weil er sich von Kölns Polizeipräsident Klaus Steffenhagen vorverurteilt fühlt. Zudem beklagt er einen Vertrauensverlust gegenüber der Behördenleitung. Sengespeik soll mehrfach positive Beurteilungen über den 28-jährigen Hauptverdächtigen geschrieben haben, obwohl der Polizist wiederholt wegen Brutalität aufgefallen war. Der Polizeidirektor will von diesen Beschwerden nichts gewusst haben.

Auf Anordnung von Steffenhagen wird Sengespeik nun die Leitung der Polizeiinspektion 5 übernehmen. Diese Maßnahme bedeute keine Vorverurteilung des Inspektionsleiters, betonte Steffenhagen. Sie solle vielmehr eine unabhängige innerdienstliche Aufarbeitung des Geschehens ermöglichen.

Innenministerium schaltet sich in Untersuchungen ein.
Kommentar: Es darf gelacht werden !!!

Steffenhagen kündigte an, dass das Kölner Regierungspräsidium und das Innenministerium in die Untersuchung der Verwaltungsabläufe der Kölner Polizei eingeschaltet werden. Dabei soll ermittelt werden, ob es in der Behörde Informations- und Kommunikationsmängel gegeben hat, die die jüngsten Vorfälle begünstigt haben könnten. NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) hatte eine rückhaltlose Aufklärung der Vorwürfe angemahnt. Auch die Gewerkschaft der Polizei forderte ein konsequentes Vorgehen. Dabei müsse auch geklärt werden, welche Umstände zu der Gewalteskalation geführt haben.

Steffenhagen wehrte sich derweil gegen pauschale Vorwürfe gegen die Beamten der Kölner Innenstadtwachen: " Zwei Beamte der Eigensteinwache haben die Ermittlungen gegen ihre Kollegen erst in Gang gebracht. Das bitte ich bei der öffentlichen Kritik nicht zu vergessen."

Verdacht der schweren Körperverletzung im Amt

Im Zusammenhang mit dem Tod des 31-jährigen Stefan N. hat das Amtsgericht Köln auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen zwei der sechs beschuldigten Polizisten wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung im Amt erlassen. Wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Freitag mitteilten, wurde ein 28-jähriger Polizeimeister am frühen Abend in Niedersachsen festgenommen. Er sollte dort am Samstag dem Haftrichter vorgeführt werden. Ein 24-jähriger Polizeiobermeister, der am Nachmittag in seiner Wohnung gefasst wurde, kam nach der Vorführung beim Haftrichter wieder auf freien Fuß.

Die beiden Polizisten hatten sich bereits vor mehr als einer Woche verdächtig gemacht, weil sie Uniformteile als mögliche Beweisstücke beiseite schaffen wollten. Stefan N. war am 11. Mai nach einem lautstarken Streit mit seiner Mutter in einer Wohnung in der Kölner City festgenommen worden und soll anschließend im Polizeibus und auf einer Wache in der Kölner Innenstadt von Beamten schwer misshandelt worden sein. Er starb am Freitag nach fast zweiwöchigem Koma in einer Klinik.

Das vorläufige Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung ergab nach Angaben von Staatsanwaltschaft und Polizei "keine grundlegenden neuen Erkenntnisse". Die Leiche weise "keine äußeren Verletzungen auf, die todesursächlich sein dürften". Todesursache sei das "Hirnödem, das infolge des Herzstillstandes entstanden sein dürfte". Die Ursache des Herzstillstandes bleibe "zunächst noch offen". Mit einem endgültigen Ergebnis sei nach weiteren Untersuchungen "erst in mehreren Tagen" zu rechnen.

Bereits wenige Tage nach dem 11. Mai hatte eine Untersuchung des 31-Jährigen durch Rechtsmediziner ergeben, dass das Koma höchstwahrscheinlich durch einen Blutschwamm im Gehirn, ein so genanntes Hirnödem, verusacht wurde. Zugleich stellten die Mediziner der Universität Köln an der linken Stirnhälfte von N. einen deutlich erkennbaren Bluterguss "nach Art eines Schuhsohlenabdruckes" fest.

Polizei-Prügelaffäre: Urteil bestätigt

14.07.2004

Folge nach dem Tod von Stephan N.: Beamte müssen Polizeidienst verlassen

Köln – Die juristische Aufarbeitung der sogenannten Prügelaffäre bei der Kölner Polizei ist abgeschlossen. Der Bundesgerichtshof verwarf mit Beschluss vom 2. Juli die Revision der sechs angeklagten Polizeibeamten gegen die Entscheidung des Landgerichts Köln vom 25. Juli 2003. Damit ist das Urteil gegen die früheren Angehörigen der "Eigelsteinwache" rechtskräftig, wie ein Justizsprecher am Mittwoch in Köln mitteilte.

Die Angeklagten waren wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung im Amt mit Todesfolge zu Bewährungsstrafen von einem Jahr bis zu 16 Monaten verurteilt worden.

Da die nun rechtskräftig gewordenen Strafen über einem Jahr liegen, müssen alle Angeklagten den Polizeidienst verlassen.

Das Kölner Landgericht sah es als erwiesen an, dass die Polizisten im Mai 2002 den 31-jährigen Stephan N. mit Schlägen und Fußtritten massiv misshandelt haben. Zuvor hatte sich der Zwei-Zentner-Mann vehement gegen seine Festnahme gewehrt.

N. hatte Drogen genommen und litt an einer akuten Psychose. Noch am selben Abend brach er bei einer Blutentnahme zusammen und starb nach zwei Wochen im Koma.

Nach Auffassung des Gerichts sind die wiederholten Tritte und Schläge gegen Kopf und Oberkörper des gefesselten Festgenommenen durch nichts zu rechtfertigen gewesen.

Als Motiv vermutete der Vorsitzende Richter Rache an dem renitenten Gefangenen, der zuvor "viel Arbeit gemacht" hatte. Nach Auffassung der medizinischen Gutachter führten die körperlichen Misshandlungen allerdings nicht zum Tode. Vielmehr habe das Vorgehen der Beamten den bereits hochgradig erregten Mann stundenlang unter höchsten Stress gehalten – was dessen Organismus schließlich nicht mehr ausgehalten hat. Unter diesen Vorzeichen ging das Gericht von einem minderschweren Fall aus.

Kölner Polizist schoss Folter-Bilder im Bordell

Opfer wurden gezwungen, keine Anzeige zu erstatten

Von VOLKER ROTERS

Köln –

Die Staatsanwaltschaft erhebt schwere Vorwürfe gegen einen 27 Jahre alten Polizeimeister. Der Kölner Beamte soll mit Zuhältern gemeinsame Sache gemacht haben, wird der Beihilfe zur Körperverletzung beschuldigt.

Er soll in einem Bordell Folterbilder angefertigt haben. Bei einer Gegenüberstellung im Justizpalast wurde er Freitag von den mutmaßlichen Mittätern wiedererkannt.

Die Geschichte: Vorm Landgericht wurde Freitag drei Männern (31 bis 36) der Prozess gemacht, die zu den Großen der Bordellszene NRW gehören sollen. Als Chef gilt Alaettin (sprich: Aladin) Ü. (34), der unter anderem das Bordell „No Limits“ in Erftstadt betrieben haben soll. Er versuchte sich rauszureden: „Ich bin Automatenaufsteller.“

Oberstaatsanwalt Egbert Bülles winkte ab:„Ich habe 3 Meter hohe Akten wegen Menschenhandels gegen Sie. Sie waren der Chef. Das sieht man schon an den Anwälten, die Sie sich leisten.“ Er gehöre zu einer Gruppe, die Frauen auf Bordells in ganz NRW verteilten.

Da gestand Aladin Vorwürfe aus der Anklage. 2003 sei es im „No Limits“ zu einer Schlägerei gekommen. Offenbar gab es Streit um eine Prostituierte. Drei Männer wurden ausgepeitscht, mussten halbnackt über den Boden kriechen.

Das soll Polizeimeister Ridvan Ö. fotografiert haben. Anschließend sollen die Opfer bedroht worden sein – sie sollten keine Anzeigen aufgeben, man habe ja über Ö. gute Kontakte zur Polizei.

Ö. nahm Freitag unruhig in Begleitung seines Anwalts Markus Bündgens im Zeugenstuhl Platz. Und berief sich aufgrund seines laufenden Verfahrens auf sein Aussageverweigerungsrecht.

Sein Erscheinen diente als Gegenüberstellung. Richter Schumacher befragte die Angeklagten: „War er das?“ Darauf Erol B. (31): „Ich meine, er wäre das gewesen.“

Für den Polizeimeister sieht es schlecht aus: Er muss damit rechnen, aus dem Polizeidienst entfernt zu werden. Die Angeklagten kamen Freitag mit Haftstrafen zwischen 21 und 42 Monaten davon.